Ich habe ja eine abgeschlossene Lehre als Bürokauffrau. In der Zeit, Ende der 80er Jahre, gab es noch keine E-Mails und interaktive Formulare. Alle Exportpapiere für die Nicht-EU (damals noch viele Staaten) mussten per Schreibmaschine ausgefüllt werden. Und zum Schluss, kam dann der Firmenstempel drauf. Wenn der drauf war, plus Unterschrift, wusste man, jetzt ist es "amtlich" für den Zoll.
So ein Stempel ist also ganz schön gewichtig!
Aber wie ist es mit uns Menschen? Bekommen wir nicht auch immer mal wieder einen "Stempel" aufgedrückt? Wie wir sind (Charaktereigenschaften), einen Berufsstempel (z.B. Beamte sind faul und träge), einen Krankheitsstempel (tja, er/sie hat ADHS, Alzheimer, Krebs, etc.). Und, es gibt seit vielen Jahren nun auch den Stempel Burnout.
Über den möchte ich heute schreiben, aber zuerst muss man sich doch grundsätzlich mal die Frage stellen - was macht so ein Stempel "auf uns" mit uns? Denn, einmal ausgesprochen/angebracht, ist er drauf ....
Das kann - unter Umständen - kontraproduktiv für unsere weitere Entwicklung sein.
Vielleicht kennt jeder den Begriff Placebo? Eine Tablette ohne Wirkstoff, die dem Patienten als Medizin verabreicht wird, mit der Aussicht auf Genesung. Statistiken belegen, dass diese zu einer großen Prozentzahl so wirken, als wäre es das echte Medikament. Denn, der Patient weiß nicht, dass die Tablette keine Wirkung hat. Der Arzt verschreibt es, verspricht die Gesundung dadurch, und so GLAUBT der Patient daran. Erstaunlich oder? Viele wissen jedoch nicht, dass es den umgekehrten Effekt leider genauso gibt - den sogenannten NOCEBO Effekt. Eine Fehldiagnose, die den Patienten in eben genau den Zustand der diagnostizierten Krankheit versetzen kann (ich spreche aus Erfahrung, denn bei mir wurde in meiner Teenager-Zeit Morbus Bechterew diagnostiziert, eine chronische Wirbelsäulenkrankheit, die mit Rundrücken endet durch die Deformierung. Erst nach knapp 1 Jahr wurde die Diagnose durch 2 Tests revidiert. Bis zu diesem Zeitpunkt der Aufklärung der Fehldiagnose hatte ich mehr Beschwerden, stärkere Schmerzen und viel mehr Leid, als vor der Diagnose!). Ein klarer Nocebo Effekt. Der Stempel der Krankheit wurde mir aufgedrückt!
Nun zurück zu Burnout - es ist keine echte, anerkannte Diagnose - denn diese heißt "psychische Erschöpfung". Auch diesen Stempel habe ich 2011 erhalten. Ich möchte hier nicht sagen, dass Burnout immer eine Fehldiagnose ist. Auf keinen Fall! Ich kenne sehr schwere Fälle von Burnout. Jedoch - das Wort an sich ist schon mit sehr vielen Informationen behaftet. Der Stempel macht etwas mit uns. Mit unseren Gedanken. Und ist es nicht so, dass wir ab diesem Zeitpunkt diesen Stempel wie ein Tattoo mit uns herumtragen? Eingebrannt in unser Körpersystem, in unser Gehirn?
Eine ganze Maschinerie hat sich nun auf dieses Wort spezialisiert. Das macht Angst, oder? Fast schon seuchenartig schlägt es um sich. Noch einmal, was macht das mit einem Menschen, der diesen Stempel erhalten hat? In einer Psychotherapie wird alles zerpflückt, zerlegt, auseinander genommen. Die Gespräche tun uns gut. Jemand versteht uns, denn Außenstehende um uns herum sind meistens ratlos, schauen still auf den Stempel auf uns. Krampfhaft versuchen Frauen ihren Männern zu erklären, warum sie nun plötzlich nicht mehr funktionieren. Ebenso krampfhaft versuchen Männer ihren Frauen zu erklären, warum sie nun plötzlich nicht mehr der starke Mann sein können. Aber wie soll das gehen, wenn der "Patient" es selbst nicht versteht. Fassungslosigkeit, Versagensgedanken, Scham, Wut gegen sich selbst, Kraftlosigkeit, Ungeduld... und so viel mehr Gefühle. Unter all diesem Chaos möchte man sich den Stempel abwischen, er soll endlich weg sein, dann geht es uns besser. Denn er ist eigentlich verwischt, schwammig, man kann ihn gar nicht richtig lesen ....
Die Frage ist, wie hätten wir uns gefühlt, wenn einfach jemand zu uns gesagt hätte: Sie sind erschöpft. Sie sind überarbeitet. Sie haben zu viel Stress. Sie brauchen Erholung. Sie benötigen eine Pause. Wow, was für tolle, verständliche, lesbare Stempel! Und was machen die mit uns? Wir verstehen sie. Fühlen uns nicht als Opfer von irgendeinem Syndrom, welches vor einigen Jahren erst richtig aufgetaucht ist. Wir können begreifen, was mit uns los ist! Wir können erklären was mit uns los ist. Wir werden verstanden! Vor 100ten von Jahren fuhren die Menschen schon auf Erholungsurlaub, auf Kur. Es ist normal. Ohne Stempel.
Burnout - nennen wir es weiterhin so - passiert im Außen (durch bestimmte Einflüsse) - und im Innen (durch unsere Reaktion darauf und unser Denken)! Wenn wir das wahrnehmen, lernen und auch akzeptieren, löst sich der Stempel wie von selbst. Und genau da ist mein Ansatz im Mentaltraining. Wenn ich mein Denken dazu SELBST steuern lerne, in Kombination mit dem Blick nach Vorne und mentalen Werkzeugen dazu, dann kann der Stempel erst gar nicht trocknen. Er wäscht sich ab, und wird ersetzt durch eine tiefe Erkenntnis, die für unsere Gesundheit prägend sein wird.
Diesen Weg wünsche ich dir!
Alles Liebe
Melanie
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